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Geschichte zur Tarotkarte "Der Gehängte"

Jemand will es endlich wissen. Er schwingt sich auf sein Fahrrad, fährt in die offene Landschaft und findet, abseits dem Gewohnten, einen kleinen Pfad. Hier gibt es keine Schilder, und so verläßt er sich auf das, was er mit seinen Augen vor sich sieht und was sein Schritt durchmessen kann.

Ihn treibt so etwas wie Entdeckerfreude, und was ihm vorher Ahnung war, wird ihm jetzt Gewissheit. Doch dann endet dieser Pfad an einem breiten Strom, und er steigt ab. Er weiß, wenn er noch weiter will, dann muss er alles, was er bei sich hat, am Ufer lassen. Dann wird er seinen festen Grund verlieren und wird von einer Kraft getragen und getrieben werden, die mehr vermag als er, so daß er sich ihr anvertrauen muss. Und daher zögert er und weicht zurück.

Als er dann wieder heimwärts fährt, da wird ihm klar, daß er nur wenig weiß, was hilft, und daß er es den anderen nur schwer vermitteln kann. "Irgendetwas ist hier schiefgelaufen", denkt er. Dann tritt er auf die Bremse und kehrt um. Ein wenig später trifft er einen alten Lehrer. Er fragt: "Wie machst denn Du das, wenn du anderen hilfst?? Oft kommen zu Dir Leute und fragen dich um Rat in Dingen, von denen du nur wenig weißt. Doch nachher geht es ihnen besser."

Der Lehrer gab zur Antwort: "Nicht am Wissen liegt es, wenn einer auf dem Weg stehen bleibt und nicht mehr weiter will. Denn er sucht Sicherheit, wo Mut verlangt wird, und Freiheit, wo das Richtige ihm keine Wahl mehr läßt. Und so dreht er sich im Kreis. Der Lehrer aber widersteht dem Vorwand und dem Schein. Er sucht die Mitte, und dort gesammelt wartet er - wie einer, der die Segel ausspannt vor dem Wind - ,ob ihn vielleicht ein Wort erreicht, das wirkt. Wenn dann der andere zu ihm kommt, findet der ihn dort, wohin er selber muss, und die Antwort ist für beide. Beide sind Hörer." Und er fügte hinzu: "Die Mitte fühlt sich leicht an".

aus: Bert Hellinger: Die Mitte fühlt sich leicht an, S. 102/103


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